Die Marktverwerfungen durch die COVID-19 Pandemie haben nahezu alle Asset-Klassen und Investment-Strategien in Mitleidenschaft gezogen. Aufgrund ihrer strategieimmanenten Eigenschaften haben auch Short Volatility-Konzepte zum Teil deutliche Verluste erlitten. In den Nachbeben der Ereignisse sind diverse Fondskonzepte mit unterschiedlichen Begründungen geschlossen worden. Eine besonders zugespitzte und publikumswirksam geäußerte Begründung lautet: Short Volatility-Ansätze würden nicht mehr „funktionieren“ und sich daher nicht mehr für institutionelle Investoren eignen.
In diesem kurzen Kommentar wollen wir transparent darlegen, was eine Short Volatility-Strategie umfasst, worauf zu achten ist und weshalb sie einen festen Platz in der Asset-Allokation institutioneller Investoren haben sollte.
Was ist eine Short Volatility-Strategie?
Beginnen wir damit, was eine Short Volatility-Strategie nicht ist: sie ist keine Total-Return-Strategie, kein Allwetter-Konzept und kein Garant unkorrelierter Erträge. All diese werblichen Umschreibungen suggerieren eine falsche Erwartungshaltung bei Investoren und werden dem Charakter einer solchen Strategie nicht gerecht. Der naheliegende Vergleich mit einem Versicherungsunternehmen mag etwas abgegriffen klingen, ist aber nach wie vor für den Kapitalmarkt valide. Die Volatilitäts-Risikoprämie stellt eine monetäre ompensation für die Übernahme von Marktpreisrisiken dar. Wenn man so möchte, repräsentiert sie die „Mutter“ aller Risiko-Prämien. Sie kompensiert ausschließlich für den Risikotransfer vom Sicherungsnehmer auf den Sicherungsgeber. Die Risikoübertragung erfolgt mittels Optionen, dem Kapitalmarktäquivalent eines Versicherungsvertrages.
Die hieraus resultierende Performance-Charakteristik lässt sich in einem Bild verdeutlichen:
Stetige Prämieneinahmen werden in moderat steigenden, moderat fallenden oder auch volatil seitwärts verlaufenden Märkten erzielt. Diese Phase der Prämienvereinnahmung kann mit einer Rolltreppenfahrt nach oben verglichen werden.
In stark fallenden oder stark steigenden Märkten tritt der „Schadensfall“ ein, der Risikotransfermechanismus greift und als Optionsverkäufer verzeichnen die Strategien in der Regel abrupte, negative Performance-Verläufe. Diese heftige, meist kurze Phase lässt sich mit einer Liftfahrt nach unten beschreiben.
Die Charakteristik von Short Volatility-Strategien beinhaltet, dass es die Rolltreppenfahrt nach oben nur in Verbindung mit dem Risiko einer temporär auftretenden Liftfahrt nach unten gibt. Es handelt sich hier also um zwei Seiten derselben Medaille.
Die mittelfristige Rendite der Short-Volatility-Strategie stellt die Kompensation für das Aushalten kurzfristiger, teils erheblich negativer Performance dar. Somit ist aber auch klar: Es gibt kurzfristig keinen schlechteren Risiko-Diversifizierer für das Portfolio als eine Short Volatility-Strategie. Sie leidet immer dann, wenn auch der Rest des institutionellen Portfolios leidet. Sie eignet sich nicht zur Risikodiversifikation oder als unkorrelierter Liquid Alternatives-Baustein.
Der Mehrwert dieser Strategie liegt vielmehr in der mittelfristigen Diversifikation der Renditequellen. Sie kann mittelfristig völlig unabhängig von der Entwicklung der Aktien- oder Zinsmärkte eine attraktive Performance erzielen. Die Entwicklung der Volatilitäts-Risikoprämie ist kein Resultat von Marktrenditen, sondern von deren Pfadverlauf. Somit können Short Volatility-Strategien in vielen Marktszenarien mit besserer Performance aufwarten als Long-Only Investments, wie beispielsweise in längeren volatilen Seitwärtsmärkten oder Slow Crash-Szenarien. Diese Performance-Eigenschaften machen sie zu attraktiven Rendite-Diversifizierern.
Was ist zu beachten?
7orca ist der Auffassung, dass bei der Analyse von Short Volatility-Konzepten ein besonderes Augenmerk auf dem Risikomanagement, der Erfahrung des hinter dem Konzept stehenden Teams und der transparenten Nachvollziehbarkeit der Strategien liegen sollte. Vergleicht man die verschiedenen Strategien fällt auf, dass die Performance-Dispersion und die Unterschiede insbesondere in Zeiten der Liftfahrt nach unten stark ausgeprägt sind.
Ursache sind die unterschiedlichen Risikomanagement-Konzepte, die grundsätzlich alle auf die Begrenzung der Liftfahrt abzielen. Sie unterscheiden sich allerdings deutlich in ihrer Wirkungsweise, Effizienz und Kosten. Dies sollte von den Investoren nachvollzogen und verstanden werden. In gestressten Märkten stellt eine Short Volatility-Strategie das Portfolio Management vor besondere Herausforderungen. Das systematische und zielführende Management der Strategie erfordert eine nahtlose Integration eines belastbaren und stringenten Risikomanagements – insbesondere in Krisenzeiten.
Ein Stresstest bei Marktverwerfungen stellt nicht nur einen Stresstest für die Güte des Short Volatility-Konzepts dar, sondern auch einen Stresstest für das dahinterstehende Management Team. In diesen Zeiten kann ein professionelles Team seine langfristige Erfahrung, unter anderem im besonnenen Agieren und in operativer Implementierung, unter Beweis stellen.
Transparenz kommt in einer Short Volatility-Strategie eine essentielle Bedeutung zu: Durch fehlende geeignete Benchmarks, den Derivateeinsatz und die hohe Dynamik der Portfolioparameter können die Konzepte schwer zu durchdringen sein.
Dem Asset Manager obliegt die Aufgabe, ein Maximum an Transparenz und Nachvollziehbarkeit kontinuierlich zu gewährleisten, so dass der Investor in die Lage versetzt wird, die Strategie und ihre Charaktertreue zu erfassen sowie schlussendlich Vertrauen zu gewinnen. Vertrauen ist die Basis für das gemeinsame Durchlaufen der Liftfahrt nach unten.
Haben Short Volatility-Strategien Zukunft?
Die Entwicklungen im März 2020 haben deutliche Unterschiede bei den Short Volatility-Konzepten erkennbar gemacht. Für einige Fonds wurden Schließungen angekündigt. Allen voran werden jene Fonds geschlossen, die bereits über einen längeren Zeitraum eine relativ zu ihren Mitbewerbern schwache Performance erzielt haben.
Die Mehrzahl der weiterhin am Markt verfügbaren Strategien hat sich bereits in vorangegangenen, herausfordernden Marktphasen, wie beispielsweise im Schlussquartal 2018, bewiesen und dürfte einer positiven Zukunft entgegenblicken.
Historisch folgte auf ausgeprägte Liftfahrten in der Regel eine steile Rolltreppenfahrt aufwärts. Die Volatilität wird voraussichtlich auf erhöhtem Niveau verbleiben und ein hoch-attraktives Umfeld für Short Volatility-Strategien bieten. 7orca ist überzeugt, dass eine fundiert selektierte Strategie, ausgestattet mit einem geeigneten Risikobudget einen attraktiven Rendite-Diversifzierer in einem institutionellen Portfolio darstellt.