FX Marktbericht Q1 2025

Der Jahresauftakt ist von einer lauten US-Handelspolitik dominiert. Erratische Zollerhebungen und Rücknahmen führen zu volatilen FX-Märkten und einem historisch stark aufgewerteten Euro. Staaten wie Kanada, die üblicherweise einen hohen realwirtschaftlichen Gleichlauf mit den USA aufweisen, entkoppeln sich in Bezug auf wichtige makroökonomischen Kennziffern wie Leitzins und Wirtschaftswachstum. Der schuldenfinanzierte Fiskalstimulus in Europa bricht endgültig mit den bisher gültigen Stabilitätskriterien in der Eurozone. Kurzfristig könnte dies dem Euro weiter nutzen, langfristig aber zu einer strukturellen Schwäche führen. Wir beleuchten die wichtigsten Entwicklungen für den FX Markt.

1. Globale FX Märkte im Überblick

 

Abbildung 1: Indexierte Wechselkurse gegenüber dem Euro in den vergangenen 12 Monaten

(Quelle: Bloomberg)

 

Im ersten Quartal des Jahres 2025 ist die Euphorie der Kapitalmärkte in Bezug auf den „Red Sweep“ der Republikaner in Resignation umgeschwungen. Nach einem ungewöhnlichen Gleichlauf eines starken Aktienmarktes sowie des US-Dollars, verlor der S&P 500 im Tief seit dem Jahresbeginn 6% des Wertes, während der US-Dollar Index DXY 5% seines Wertes einbüßte. Die übliche USD-Eigenschaft des sicheren Hafens ist so zumindest zum Jahresauftakt temporär gebrochen. Der Volatilitätsindex der 7orca schwankte derweilen auf erhöhtem Niveau, was ein Spiegelbild der ökonomisch-politischen Unsicherheit der neuen US-Administration darstellt. Die aggressive und volatile Zollpolitik führt so zu einem Anstieg der Inflationserwartungen in den USA, einer Erhöhung des Importvolumens durch vorgezogene Käufe und einem Rückgang des Konsumentenvertrauen (vgl. Kapitel 2.). Staaten, die durch die Zollankündigungen direkt tangiert werden, müssen mit abrupten Abwertungen der heimischen Währung rechnen, was beispielsweise im kanadischen Dollar evident ist.

 

Abbildung 2: U.S. Dollar Index (DXY) vs. 7orca Currency Volatility Index[1]

(Quelle: Eigene Berechnungen, Bloomberg)

 

Ein weiterer Effekt der protektionistischen Impulse ist eine Eintrübung des globalen Wirtschaftswachstums. Die Staaten, die bereits niedrige Inflationsraten vorliegen haben, finden einen breiteren Spielraum zur Stimulation der Wirtschaft über Zinssenkungen vor. So konnte die EZB im laufenden Quartal bereits zum sechsten Mal die Zinsen reduzieren, zuletzt um 25 Basispunkte, und der Markt preist zwei weitere Zinssenkungen im Jahresverlauf ein. In den USA und dem Vereinigten Königreich musste der Zinssenkungszyklus nach drei Schritten bereits wieder pausiert werden, da die Kerninflation, Lohnentwicklung und die Inflationserwartungen weiterhin zu hoch sind. Dies spiegelt sich auch in den Sicherungskosten wider, die in beiden Ländern aus europäischer Perspektive ein hohes Niveau von über 2% auf dem 3-Monats Tenor erreichten. Zum Vorquartal sind, mit Ausnahme des kanadischen Dollars, die Sicherungskosten aus europäischer Perspektive gegenüber allen G10-Paaren angestiegen, was durch die zügigen Zinsschritte der EZB begründet ist (vgl. Abbildung 3, r. Panel). Die Bank of Japan (BoJ) verhält sich in diesem Zusammenhang invers zu den übrigen G10-Staaten und erhöhte die Zinsen bereits zum dritten Mal, seit der Auflösung der Zinskurvenkontrolle. Dadurch stiegen die Sicherungskosten um 50 Basispunkte zum Vorquartal, wodurch die Zinserträge erstmalig niedriger sind als im EUR/CHF Währungspaar. Im kommenden Quartal kann mit einer weiteren Zinserhöhung in Japan gerechnet werden.

 

Abbildung 3: Sicherungskosten (l. Panel) und deren Entwicklung im 3-Monats Fenster (r. Panel) im Vorquartalsvergleich

(Quelle: Eigene Berechnungen, Bloomberg)

 

Für die USA gewinnt das Thema der Staatsverschuldung weiter an Bedeutung, denn die Trump Administration wird im ersten Amtsjahr aller Voraussicht nach ein substanzielles Staatsdefizit generieren und die Zinslast einen Rekordwert im Verhältnis zum BIP darstellen. In der Eurozone steht ein fiskalpolitischer Epochenwechsel an. Im Windschatten der neuen deutschen Regierung in spe und dem de facto Ende der Schuldenbremse, ermöglicht die europäische Kommission auch für die übrigen Staaten eine Ausweitung des Staatsdefizits über die bisherigen Stabilitätskriterien hinaus. Der hieraus resultierende Anstieg der Gesamtverschuldung spiegelt sich bereits jetzt in den langfristigen Refinanzierungsbedingungen der Mitgliedsstaaten der Eurozone wider. Seit Dezember des letzten Jahres 2024 sind die Renditen auf 10-jährige Staatsanleihen in diesem Zuge zwischen 60 und 80 Basispunkten angestiegen. Ein starker Euro im ersten Quartal ist hierbei folgerichtig, solange sich die derzeit erwarteten verbesserten Wachstumsaussichten tatsächlich materialisieren.

 

2. Europa und die USA

 

„Tariffs create economic uncertainty, which raises inflation and decreases growth. […] The Committee doesn’t need to be in a hurry to reduce rates. We’re prepared to maintain the current stance as long as needed to bring inflation down.” (Jerome Powell, 20.03.2025)

 

2.1 Geldpolitik & Wechselkursentwicklung

 

Abbildung 4: EUR/USD Wechselkurs und Sicherungskosten

(Quelle: Bloomberg)

 

Der Euro gewann gegenüber dem US-Dollar seit dem Jahresbeginn rund 4% an Wert. In der ersten März Woche stellte dies die rapideste Euro-Aufwertung gegenüber dem US-Dollar in einer Woche seit 2009 dar. Die Intensität ist durch eine gleichzeitige US-Dollar Schwäche, durch die aktuelle erratische Handelspolitik der USA, sowie einer Euro Stärke, durch den angekündigten hiesigen Fiskalstimulus, zu erklären. Der prognostizierte Inflationsschub in den USA, der durch die Zollpolitik zu erwarten ist, zwingt die FED zu einem vorsichtigeren Vorgehen in Bezug auf weitere Zinssenkungen. Dies spiegelt sich auch in den Sicherungskosten wider. Die Kosten einer 3-Monatssicherung konvergierte zur 12-Monatssicherung, was einer aktuell eingepreisten Stabilität in der Zinsdifferenz im Jahresverlauf entspricht (vgl. Abbildung 4.).
 

Abbildung 5: Dot-Plots der Summary of Economic Projection der Fed.

(Quelle: Federal Reserve, Bloomberg)

Diese Vorsicht ist auch in den „Dot-Plots“ der Fed erkennbar (vgl. Abbildung 5). Während der Median FOMC-Teilnehmer mit nur noch zwei Zinssenkungen im Jahr 2025 rechnet, können sich immerhin acht stimmberechtigte Zentralbanker auch weniger vorstellen. Die Märkte stimmen mit diesem Blick nicht überein und gehen von stärkeren Zinssenkungen im Jahresverlauf aus, was einem aufkommenden Pessimismus gegenüber dem realwirtschaftlichen Ausblick in den USA entspricht.

 

Abbildung 6: Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen (TY) vs. USD Real Effective Exchange Rate (REER)

 

(Quelle: Bloomberg)

 

Dies wird auch verstärkt am langen Ende der Zinsstruktur deutlich. Hier sanken die Renditen auf 10-jährige US-Staatsanleihen auf den niedrigsten Wert seit Trumps Wahl im November vergangenen Jahres. Diese strukturelle Verschiebung der langfristigen Zinserwartungen führte zu einer analogen Abwertung der USD-REER.

 

Die Europäische Zentralbank senkte derweilen die Zinsen weiter. Vom Höchststand des Leitzinses im vergangenen Jahr, sind die Zinsen inzwischen um 150 Basispunkte nach unten angepasst worden. Da die derzeitigen Inflationsentwicklungen den Erwartungen der EZB entsprechen, ist mit weiteren Zinssenkungen im Jahresverlauf zu rechnen. Trotz der daraus resultierenden Zinsdifferenzausweitung wirkte das Gesamtumfeld Euro-stärkend.

 

Das aktuelle schuldenfinanzierte Fiskalpaket in Deutschland sowie die expansive Fiskalpolitik in Teilen der Eurozone haben hierbei gemischte Implikationen für den Euro. Kurzfristig könnten die steigenden Defizite und höhere Staatsausgaben tendenziell abwertenden Druck auf die Währung ausüben, insbesondere wenn Zweifel an der fiskalischen Nachhaltigkeit oder an einer klaren Rückführungsperspektive aufkommen. Allerdings könnte ein wachstumsfördernder Effekt der Maßnahmen – etwa durch gezielte Investitionen in Militär, Infrastruktur oder die Digitalisierung – mittelfristig das Vertrauen in die wirtschaftliche Erholung stärken und damit stützend auf den Euro wirken. Entscheidend bleibt die Reaktion der EZB: Sollte sie expansiv bleiben oder Anzeichen für eine Monetarisierung[2] der Schulden setzen, steigt das Risiko eines schwächeren Euro. Insgesamt ist der Währungsausblick daher von einem Spannungsfeld aus fiskalischer Expansion, Wachstums-Dynamik und geldpolitischer Begleitung geprägt.

 

 

2.2 Konjunktur

Die konjunkturelle Lage in den USA ist zunehmend angespannt. Die Zollpolitik der Trump Regierung sorgt für erhebliche Unsicherheit. So stieg der „Trade-Policy-Uncertainty Index“, von Iacoviello et al. (2020), im neuen Jahr auf den höchsten je gemessenen Stand.[3] Diese Unsicherheit zeigt sich bereits in den realwirtschaftlichen Kennzahlen. So weist der Nowcast der FED-Atlanta eine starke Kontraktion des amerikanischen Bruttoinlandsproduktes von -1,8% im ersten Quartal 2025 aus. Die treibende Komponente ist hierbei der Nettoexport, der mit einem Wert von rd. -4% versehen ist. Der Importüberschuss ist hierbei auch bereits in der Handelsbilanz der USA ersichtlich (vgl. Abbildung 7). Das Handelsbilanzdefizit erreichte so einen Rekordwert von über USD 130 Mrd. in nur einem Monat. Der Effekt ist dabei auf das Vorziehen der Käufe von Vorprodukten zu erklären, um den Preisanstiegen durch Zölle zuvorzukommen.

 

Abbildung 7: Handelsbilanzdefizit der USA nach jeweiliger Präsidentschaft (rot entspricht Donald Trump, blau entspricht Joe Biden)

(Quelle: Bloomberg)

 

Doch auch im Binnenkonsum sind erste konjunkturelle Bremsspuren ersichtlich. Nach einer Kontrahierung um 1,2% gegenüber dem Vormonat im Januar 2025, stiegen die Einzelhandelsumsätze im Februar nur um 0,2%. Dabei war der Beitrag der Konsumenten zur gesamtwirtschaftlichen Leistung der USA einer der Hauptgründe für den „US-Exceptionalism“. Auch in Umfragedaten sind die Verbraucher pessimistischer eingestellt. So sank das Konsumentenvertrauen, was von der University of Michigan monatlich erfragt wird, im März um fast 10 Punkte ab, was dem stärksten Rückgang seit 4 Jahren entspricht. Das Bild ist allerdings differenzierter, wenn man nach den Wählern der Parteien unterscheidet. Republikaner werten demnach die Situation seit der Amtsübernahme von Trump deutlich positiver ein, als es die Demokraten tun (vgl. Abbildung 8). Dies ist zwar ein übliches Bild, was invers bei der Wahl von Biden und analog bei der ersten Wahl von Trump auftrat, allerdings in der Intensität doch außergewöhnlich ist. Der limitierte Einfluss auf das strukturelle Kaufverhalten der Konsumenten wird allerdings auch in der Abbildung ersichtlich. Es kann sich also ebenfalls um eine vorrübergehende und ausschließlich politisch motivierte Begleiterscheinung handeln.

 

Die wirtschaftliche Entwicklung der USA wird sich an den tatsächlichen Umsetzungen der Zollpolitik mitentscheiden. Sollte tatsächlich ein nachhaltiger Aufbau von Handelsbarrieren mit den wichtigsten Handelspartnern angestrebt werden, dürfte dies ebenfalls nachhaltig negativ für die Wirtschaftsleistung der Amerikaner ausfallen. Der US-Dollar würde hierbei durch eine Reduktion der ausländischen Nachfrage an Attraktivität einbüßen.

 

Abbildung 8: Konsumenten-Sentiment Index der Universität Michigan versus den indexierten Einzelhandelsumsätzen.

(Quelle: University of Michigan, Bloomberg)

 

 

Die Eurozone wäre als einer der größten Handelspartner der USA ebenfalls stark betroffen. Die EZB schätzt hierzu, dass die angedrohten 25%-Zölle der Amerikaner, das Wirtschaftswachstum um 0,3% senken könnte. Bei einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum von derzeit nur 0,9% ist dies ein substanzieller Beitrag. Die Eurozone hätte in diesem Zusammenhang, aufgrund der Handelsbilanzüberschusses mit den USA, einen relativen Nachteil und die Währung würde stärkeren negativen Effekten ausgesetzt sein. Weiterhin entstünde der Anreiz für die Europäer die de facto Preissteigerung über Zölle durch eine schwächere Währung zu kompensieren. Die schwache realwirtschaftliche Situation könnte hierbei die Argumentation für weitere Zinssenkungen liefern, mit dem entsprechenden Effekt für den Euro.

 

2.3 Preisentwicklungen

Die Inflationsentwicklung in beiden Wirtschaftsräumen stabilisiert sich leicht oberhalb des avisierten 2%-Zielwertes, wobei die Eurozone mit aktuell 2,3% größere Fortschritte als die USA zu verzeichnen hat. Dort liegt die Preissteigerung bei derzeit 2,8%. Ein signifikanter Bestandteil dieses Unterschiedes liegt in der weiterhin deutlich höheren Dienstleistungsinflation in den USA (vgl. Abbildung 9). Diese stagniert in den USA bei aktuell fast 4%, während in der Eurozone die Preise im Dienstleistungssektor analog zu fast 4% wuchsen und damit der EZB weiter Kopfschmerzen bereiten dürften.

 

Abbildung 9: Dienstleistungsinflation in der Eurozone versus die USA.

(Quelle: Bloomberg)

 

Im Ausblick für dieses Jahr geht die Fed von keinem nennenswerten Fortschritt in der Inflationsreduktion aus. So sieht sie den PCE-Index bei 2,7% zum Jahresende und erst im Jahr 2026 eine Annäherung zum 2% Ziel (2,2%).

 

In der Eurozone ist die Stimmung diesbezüglich optimistischer. Die Inflation entwickelt sich den Erwartungen entsprechend und sollte das 2% Ziel im nächsten Jahr erreichen. Dies gibt der EZB die Konfidenz weiter offensiv mit den Zinssenkungen fortzuschreiten und damit die strauchelnde Konjunktur zu stützen. Aufgrund von Basiseffekten in den Energiepreisen, sollte im laufenden Jahr nicht mit substanziellen weiteren Inflationsrückgängen zu rechnen sein. Der Impuls über die schuldenfinanzierten Staatsausgaben könnten ebenfalls den Inflationsrückgang konterkarieren und die Zielerreichung erschweren. Nichtsdestotrotz spricht die derzeitige Preisentwicklung für ein konstantes Zinsdifferential und für einen dahingehend erneut schwächeren Euro.

 

2.4 Gesamteinschätzung EUR/USD

Handelspolitische Konfrontationen schaden der Realwirtschaft der USA, können über die Handelsbilanz allerdings kurzfristig den USD stärken. Die Zinspolitik bleibt in den USA auf absehbare Zeit restriktiver als in der Eurozone, was den USD ebenfalls stärken könnte. Für einen stärkeren Euro spräche ein effizient eingesetztes Konjunkturpaket in der Eurozone. Sollte dies jedoch überwiegend konsumtiver Natur sein, sollte sich die jüngste Eurostärke schnell umkehren.

 

 

3. Großbritannien

 

3.1 Geldpolitik & Wechselkursentwicklung

 

Abbildung 10: EUR/GBP Wechselkurs und Sicherungskosten

(Quelle: Bloomberg)

 

Das britische Pfund wertete seit dem Jahresbeginn gegenüber dem Euro ab, was aus einer Eurostärke und nicht aus einer Pfund-Schwäche resultiert. Die Bank of England (BoE) hielt den Leitzins zuletzt konstant bei 4,5% und damit nur 75 Basispunkte über dem Hochpunkt im Jahr 2024. Von den neun stimmberechtigten Zentralbankern, stimmte nur Swati Dhingra für eine 25 Basispunkte Zinssenkung. Die Mehrzahl spricht sich auch im weiteren Jahresverlauf für ein vorsichtiges Vorgehen aus. Diese Entwicklung schlägt sich in den Sicherungskosten nieder. Diese stiegen kontinuierlich in den letzten 12 Monaten auf nunmehr 2,1% - sowohl auf dem 3M-Tenor als auch dem 12M-Tenor.

 

Eine kuriose Entwicklung der Korrelation des britischen Pfundes war zum Jahresende zu beobachten. Üblicherweise tendiert das Pfund als zyklische Währung zu einem gewissen Gleichlauf zum Aktienmarkt (vgl. Abbildung 9) und der US-Dollar dazu antizyklisch und damit diversifizierend. Aus dieser Beobachtung heraus erhielt der Dollar die Zuschreibung eines sicheren Hafens. Seit der Wahl des US-Präsidenten scheint sich diese Entwicklung sowohl für den US-Dollar als auch für klassische zyklische Währungen, wie dem Pfund, umgekehrt zu haben. Die Ursachen hierfür sind die partielle Rückabwicklung der Wette auf den „US-Exceptionalism“. Die Aktien in den USA, die die höchsten Bewertungsaufschlag gegenüber den europäischen Konkurrenten seit 20 Jahren aufwiesen, wurden gegen europäische „Value“ Titel ausgetauscht. Der US-Aktien lastige MSCI World verlor an Wert und die US-Dollar Positionen sind gleichsam abgebaut worden. Eine entsprechende Abwertung des US-Dollars gegenüber GBP und EUR war die Konsequenz. Die Frage, ob diese Entwicklung nun weiter anhält, hängt damit auch mit der Frage zusammen, ob in den USA das positive Wirtschaftswachstum anhält und ob Investoren das Vertrauen in den US-Aktienmarkt zurückgewinnen. Sollten die USA aber die Sonderstellung der hervorragenden Makro-Daten verlieren, könnten nicht nur der Aktienmarkt, sondern auch gewohnte Korrelationsmuster einer Korrektur unterliegen.

 

 

Abbildung 11: GBP und USD REERs gegenüber dem breiten Aktienmarkt.

(Quelle: Bloomberg)

 

3.2 Konjunktur

Die konjunkturelle Situation im UK trübte sich nach einer expansiven Phase in der zweiten Jahreshälfte 2024 zum Jahresbeginn ein. So stiegen die Einkaufsmanagerindizes in der Eurozone im verarbeitenden Gewerbe an, während die britischen unterhalb der Expansionsschwelle von 50 sanken (vgl. Abbildung 12).

 

Abbildung 12: Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Gewerbe der UK gegenüber der Eurozone

(Quelle: Bloomberg)

 

Die neue Regierung im UK setzte dabei zur Amtsübernahme im vergangenen Sommer bereits eine Reihe fiskalpolitischer Maßnahmen um, die sich in der Prognose der Behörde für „Budget Responsibility“ (OBR) bereits niederschlägt. Die avisierte Erhöhung der Militärausgaben sollte demnach die Ausgabenseite auf absehbare Zeit nach oben erhöhen. Anpassungen auf der Seite der Entwicklungshilfe kompensieren diese Ausgabenerhöhung nur in Teilen. Zusätzlich dürfte der sogenannte „Triple Lock“ im UK die Ausgabenseite im Zuge des Renteneintritts der geburtenstarken Jahrgänge weiter belasten. Dieser besagt, dass die Rente um das Maximum aus Inflation, Lohnerhöhung und 2,5% jährlich steigen muss. Der resultierende Budgetpfad wird von der OBR als „nicht nachhaltig“ eingestuft und könnte das Staatsdefizit weiter belasten, was strukturell negativ auf dem britischen Pfund lasten würde. Es wird derzeit allerdings erwartet, dass strukturelle Anpassungen erfolgen sollen. Die derzeitige Finanzministerin Reeves kündigt demnach an, die laufenden Staatsausgaben um 15% bis zum Ende der Dekade zu reduzieren, die Streichung der Digital-Service Steuer steht im Raum und etwaige Kürzungen in den Sozialausgaben scheinen nicht mehr sakrosankt.

 

Abbildung 13: Prognose über Ausgaben und Einnahmen des britischen Staates. EFO entspricht dem „Estimates for Outcomes“ und FRS dem Standard für längerfristige Prognosen dem „Forecast Reporting System“.

(Quelle: ONS, OBR)

 

Die britische Wirtschaft braucht in jedem Fall einen Impuls, um die jüngste konjunkturelle Schwäche wieder umzukehren. Die Industrieproduktion sank zuletzt um 1%-Punkt und auch geopolitische Spannungen mit den USA belasten die Stimmung in der Industrie. So könnten die angedrohten reziproken Zölle der Trump Administration das UK ebenso wie die Europäische Union treffen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Fiskalstimulus der Europäischen Union scheint der konjunkturelle Ausblick der Eurozone ein wenig besser als im UK.

 

3.3 Preisentwicklungen

Zusätzlich zu der schwächeren britischen Wirtschaft lasten auch höhere Inflationsraten auf dem UK. Diese liegen bei derzeit hohen 3% und könnten aufgrund volatiler Energiepreise und diesbezügliche Basiseffekte weiter anziehen. Auch die Kerninflation ist zuletzt auf fast 4% angestiegen, was auch durch ein weiterhin sehr hohes Lohnwachstum getrieben ist (vgl. Abbildung 14).

 

Abbildung 14: Lohnwachstum, Inflations- und Kerninflationsrate im UK

(Quelle: Bloomberg)

 

Die langfristigen marktgepreisten Inflationsraten reagierten zwar noch nicht auf den jüngsten Preisanstieg, befinden sich aber immer noch auf einem eher hohen Niveau. Dieses Inflationsumfeld zwingt die BoE weiter zur Vorsicht und dürfte einen zur Eurozone vergleichbar steilen Zins Pfad verhindern. Damit dürften die Sicherungskosten aus Perspektive der Eurozone weiter eher hoch bleiben, was aus Zinsperspektive ein GBP-stärkendes Argument liefert.

 

3.4 Gesamteinschätzung EUR/GBP

Die britische Wirtschaft schafft es derzeit nicht die schwachen realwirtschaftlichen Zahlen hinter sich zu lassen. Es stehen umfassende Strukturreformen an, dessen Umsetzung eine Opportunität für eine erneute Pfund Stärke mit sich brächte. Auch ein Heranrücken an die Eurozone könnte positive Impulse mit sich bringen. Bis dahin scheint aufgrund der erhöhten Inflation und der Wirtschaftslage eine Korrektur des starken Pfundes gegenüber dem Euro plausibel.

 

 

 

 

4. Kanada

 

4.1 Geldpolitik & Wechselkursentwicklung

 

Abbildung 15: EUR/CAD Wechselkurs und Sicherungskosten

(Quelle: Bloomberg)

 

Der kanadische Dollar wertete gegenüber dem Euro am stärksten von allen G10-Staaten im ersten Quartal ab. Die Entkoppelung der realwirtschaftlichen kanadischen Daten von den US-Amerikanern führte zu einem niedrigeren Zins Pfad und damit einer anhaltenden CAD-Schwäche. Die Sicherungskosten sind in diesem Zusammenhang auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt gefallen. Dies steht in direktem Kontrast zu den höheren Sicherungskosten im EUR/USD, die sich für gewöhnlich im Tandem bewegen nun aber divergieren (vgl. Abbildung 16).

 

Abbildung 16: EUR/CAD langfristige Sicherungskostenentwicklung gegenüber den EUR/USD Sicherungskosten

(Quelle: Bloomberg)

 

Die Bank of Canada (BoC) ist bisher von den G10 Staaten mit den Zinssenkungen seit dem Höhepunkt 2024 am weitesten vorangeschritten. Die Zinsen sind um 225 Basispunkte gesenkt worden, zuletzt im März um 25 Basispunkte auf 2,75%. Diese offensiven Zinsreduktionen dürften jedoch im Jahresverlauf an Tempo verlieren. Die BoC weist auf die Risiken aus der Eskalation im Handelskonflikt mit den US-Amerikanern hin, von denen Kanada stark betroffen ist. Durch das hohe Handelsbilanzdefizit der Kanadier, litt der kanadische Dollar besonders stark unter den genannten Maßnahmen. Der neue Premierminister (bis zu den Neuwahlen Ende April) und ehemalige Zentralbanker (BoE und BoC) Mark Carney gibt sich hier kämpferisch, was nicht auf eine baldige Entspannungspolitik schließen lässt. Eine weitere Eskalation wirkt stark negativ auf den kanadischen Dollar.

 

4.2 Konjunktur

Der Handelskonflikt wiegt schwer auf der kanadischen Ökonomie. Drei Viertel der Güterexporte aus Kanada gehen an das Nachbarland, wohingegen nur knapp 20% der US-amerikanischen Exporte Kanada erreichen. Der Ökonom Toombe von der University of Calgary in Kanada schätzt, dass der Handelskonflikt eine Reduktion des Bruttoinlandproduktes von 2-3% nach sich ziehen könnte. Bisher ist Kanada in dem Konflikt vorsichtig vorgegangen und hat die Zölle auf amerikanische Produkte verhängt, die in keinem Bezug zur kanadischen Wirtschaft stehen (bspw. Motorräder oder Agrar-erzeugnisse). Eine Ausweitung auf den für Kanada existenziell wichtigen Ölsektor, könnte eine Wirtschaftskrise auslösen.

 

Wenngleich diese Konflikte zu einer Entkoppelung der beiden eng verflochtenen Volkswirtschaften beitragen könnte, so reiht sich dies in eine bereits länger stattfindende Entwicklung ein. Während das kaufkraftbereinigte pro Kopf BIP in Kanada im Jahr 2024 bei knapp 50.000 USD verweilte, liegt dieses im Nachbarland bei über 80.000 USD. Diese Divergenz ist bereits seit 2013 offenkundig und hat seitdem an Tempo zugenommen (vgl. Abbildung 17).

 

Abbildung 17: Kaufkraftbereinigtes (PPP) pro Kopf BIP. Werte nach 2024 entsprechen Projektionen des Internationalen Währungsfonds

(Quelle: Internationaler Währungsfonds)

 

Zwischen 2009 und 2019 wuchs sowohl die US Wirtschaft als auch die kanadische um jeweils rund 25%, jedoch entkoppelte sich diese Entwicklung von dort an. Die Wachstumsrate des US-BIPs war in diesem Zeitraum mit 11% fast doppelt so hoch wie die kanadischen 6%. Diese immer weiter zunehmende relative Schwäche wird nun vom US-Präsidenten als Einladung zu dem offen ausgetragenen Handelskonflikt verstanden. Unter diesen zunehmend ungleichen Partnern trifft eine Zuspitzung des Konfliktes die Kanadier deutlich stärker.

 

4.4 Gesamteinschätzung EUR/CAD

Der CAD ist historisch günstig zu sichern. Die ökonomische Abhängigkeit zu den US-Amerikanern ist derzeit eine deutliche Schwäche und kann zu starken Abwertungen führen. Der Blick ist bis zum Erreichen einer dauerhaften Lösung des Konfliktes negativ.

 

5. Datenübersicht

 

Abbildung 18: Übersicht der Wertentwicklung gegenüber dem Euro zu verschiedenen Stichtagen

(Quelle: Bloomberg)

 

Abbildung 19: Übersicht der Sicherungskostenentwicklung gegenüber dem Euro zu verschiedenen Stichtagen

 

(Quelle: Bloomberg)

 


[1] Der 7orca FX-Volatility Index approximiert den “fairen“ Wert eines Variance Swaps, durch die Replikation eines Vanilla Optionsportfolios am G10-Währungsmarkt. Aus den resultierenden Indizes wird der Durchschnitt gebildet. Ein höherer Wert ist mit höheren Schwankungen am Devisenmarkt zu interpretieren.

[2] Mit Monetarisierung ist in diesem Kontext die Refinanzierung von Staatsschulden über die Ausweitung der Geldmenge zu verstehen.

[3] Der Index enthält Daten seit 1960 und beinhaltet damit ebenfalls die Handelskonflikte während Trumps erster Präsidentschaft.

Autoren

Jasper Düx

CIO

Jasper Düx ist als Chief Investment Officer für die Entwicklung und Umsetzung der Investmentprozesse zuständig und trägt die Gesamtverantwortung für die Performance und Implementierung. Nach seinem Abschluss als Master in Banking and Finance sammelte er mehr als 20 Jahre Erfahrung im quantitativen Asset Management, unter anderem bei der HypoVereinsbank und HSBC. Zuvor war er bei Berenberg Abteilungsleiter für Overlay Mandate und Total Return Strategien.

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Maximilian Kühl

Head of Research

Maximilian Kühl verantwortet als Head of Research mit seinem Team sämtliche Forschungsaktivitäten im Quantitative und Economic Research von 7orca. Er ist seit mehr als 5 Jahren in analytischen Positionen im Finanzsektor tätig und arbeitete zuvor im Asset Management der Warburg Bank. Maximilian Kühl hält einen Master in Quantitative Finance und einen Bachelor in Volkswirtschaftslehre.

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Rechtliche Hinweise

Die in diesem Dokument vorgestellte Strategie zur Absicherung von Währungsrisiken (FX Overlay Management) richtet sich ausschließlich an professionelle Kunden i. S. d. WpHG und kann auch nur für solche Kunden (typischerweise in einer Fondsstruktur) umgesetzt werden.

Sämtliche Annahmen, Voraussagen und Angaben basieren auf der standardisierten Ausgestaltung der FX Overlay Management Strategie, die zu marktüblichen Durchschnittskosten ausgeführt wurde. Nähere Informationen zu diesem Standard-Investment-Prozess können Sie dem Generic RfP entnehmen, der jederzeit auf Rückfrage bei der 7orca Asset Management AG erhältlich ist. Aufgrund der unterschiedlichen Investorenbedürfnisse und -situation sowie der daraus resultierenden, spezifischen Preisgestaltung bleiben weitere, individuelle Kosten für Verwaltung und Verwahrung unberücksichtigt. 7orca Asset Management AG erstellt Ihnen gerne ein spezifisches Angebot, welches Ihre individuellen Anforderungen und Gegebenheiten reflektiert. Die Anlagestrategie einer passiven Währungssicherung hat einen trendfolgenden Charakter. Unter denselben Marktbedingungen sollte sie daher zu denselben Ergebnissen führen. Da sich die Marktbedingungen regelmäßig aber nicht in identischer Form wiederholen, können die in diesem Dokument aufgeführten Sicherungsquoten und Performance-Kennzahlen zwar die Charakteristik unserer Strategie verdeutlichen. Sie beziehen sich aber auf die vergangenen Preisentwicklungen von Währungspaaren und sind damit kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse. Alle Informationen dieses Dokuments wurden nach bestem Wissen auf Grundlage der uns verfügbaren Daten erstellt. Eine zivilrechtliche Haftung kann diesbezüglich dennoch nicht übernommen werden. Hinweise auf konkrete Finanzinstrumente sind rein exemplarisch und keinesfalls als Empfehlungen im Sinne einer Anlageberatung zu verstehen. Eine Veröffentlichung der 7orca Asset Management AG.

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