1. Globale FX-Märkte im Überblick
Abbildung 1: Indexierte Wechselkurse gegenüber dem Euro im Vorjahresvergleich
(Quelle: Bloomberg)
Die FX-Märkte erreichten im vergangenen Quartal einen Wendepunkt. Durch eine Mischung aus Rezessionsängsten und avisierten Zinsreduktionen wurde eine Rückabwicklung von Carry-Trades ausgelöst, die zu einer starken Aufwertung des japanischen Yen sowie des Schweizer Franken als Niedrigzinswährungen führten. Insbesondere der japanische Yen gewann in diesem Zusammenhang gegenüber dem Euro mehr als 10% an Wert (vgl. Abbildung 1). Gleichzeitig sprang der 7orca FX-Volatility Index auf den höchsten Stand seit über einem Jahr, was das erhöhte Stressniveau an den Devisenmärkten verdeutlicht (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: U.S. Dollar Index (DXY) vs. 7orca Currency Volatility Index[1]
(Quelle: Eigene Berechnungen, Bloomberg)
Angetrieben von einer fortschreitenden Abkühlung der globalen Konjunktur und einer weiteren Stabilisierung des Inflationsniveaus, beschleunigt sich der Zinsreduktionszyklus in vielen Volkswirtschaften. So senkte die EZB nach einer Pause erneut die Zinsen um 25 Basispunkte und die Fed stieg mit einer Zinsreduktion von 50 Basispunkten in den Zyklus ein. Der USD-Index DXY verlor in diesem Umfeld im Vergleich zum Vorquartal rund 5% an Wert. Im Ausblick stellt die Fed in ihrer Summary of Economic Projections (SOEP) für das laufende Jahr Zinssenkungen im Umfang von 75 Basispunkten in Aussicht.
Die Reserve Bank of Australia und die Norges Bank in Norwegen sind (neben dem geldpolitischen Ausreißer Japan) die letzten Zentralbanken der G10, die noch keine Zinssenkungen durchführten. Hierbei betonte die Norges Bank, dass sie in diesem Jahr nicht mehr mit einer Anpassung des Leitzinses rechnet. Ein Anstieg der Sicherungskosten im EUR/NOK ist somit erwartbar und wird bereits mit +20 Basispunkten im Vorquartalsvergleich auf dem 3-Monats-Tenor eingepreist (vgl. Abbildung 3).
Abbildung 3: Aktuelle Sicherungskosten und Erträge per 30.09.2024 (linkes Panel). Änderung der Sicherungskosten/Erträge zum Vorquartal per 30.09.2024 (rechtes Panel).
(Quelle: Eigene Berechnungen, Bloomberg)
Konjunkturell ist die aktuelle Datenlage weiterhin geografisch heterogen. Die Eurozone zeigt sich weiterhin schwach im verarbeitenden Gewerbe und die rückläufige Investitionstätigkeit hemmt das Wirtschaftswachstum strukturell. In den USA deuten viele Indikatoren auf ein weiterhin starkes konjunkturelles Umfeld hin, wenngleich der Arbeitsmarkt Signale einer Abkühlung liefert.
Die bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen im kommenden Quartal haben das Potenzial, signifikante Auswirkungen auf die Devisenmärkte zu entfalten. Unabhängig vom Ausgang der Wahl wird ein Anstieg der US-Staatsverschuldung erwartet, da beide Hauptkandidaten, sowohl die amtierende Vizepräsidentin als auch der Herausforderer, in ihren Programmen fiskalische Maßnahmen vorschlagen, die mit höheren Staatsausgaben verbunden sind. Dies könnte das Vertrauen der Anleger in den US-Dollar beeinflussen, insbesondere wenn die Märkte eine unsichere Haushaltslage oder eine aggressivere Schuldenpolitik wahrnehmen.
Darüber hinaus könnte die Wahl des republikanischen Kandidaten, der angedeutet hat, die Geldpolitik der Federal Reserve stärker politisch beeinflussen zu wollen, zu einer erhöhten Volatilität an den Devisenmärkten führen. Zwar schützt der Federal Reserve Act die Unabhängigkeit der Zentralbank, doch die Märkte könnten auf Spekulationen reagieren, dass eine neue Administration versuchen könnte, Einfluss auf Zinssatzentscheidungen zu nehmen oder andere geldpolitische Maßnahmen zu initiieren. Ein solches Szenario könnte Bedenken hinsichtlich der zukünftigen Stabilität der US-Geldpolitik hervorrufen und den Dollar unter Druck setzen.
Letztlich wird die Marktdynamik in der Zeit nach den Wahlen entscheidend davon abhängen, wie die neuen politischen Rahmenbedingungen interpretiert werden und inwiefern die Märkte die zukünftige Geldpolitik der Federal Reserve und deren Unabhängigkeit als stabil oder gefährdet einschätzen. Die Kombination aus fiskalischen und geldpolitischen Entscheidungen, die aus den Wahlen resultieren, könnte weitreichende Folgen für die globalen Devisenmärkte haben und eine sorgfältige Beobachtung der Entwicklungen wird daher unerlässlich sein.
2. Europa und die USA
„As inflation has declined and the labor market has cooled, the upside risks to inflation have diminished and the downside risks to employment have increased. We now see the risks to achieving our employment and inflation goals as roughly in balance, and we are attentive to the risks to both sides of our dual mandate. “(Jerome Powell, 18.09.2024)
2.1 Geldpolitik & Wechselkursentwicklung
Abbildung 4: EUR/USD Wechselkurs und Sicherungskosten
(Quelle: Bloomberg)
Im vergangenen Quartal verzeichnete der Euro gegenüber dem US-Dollar eine deutliche Aufwertung. Diese Entwicklung lässt sich unter anderem auf eine Reihe überraschend negativer US-Arbeitsmarktdaten zurückführen. Die Arbeitslosenquote in den USA stieg von einem Tiefstand von 3,7 % auf nunmehr 4,3 %. Gleichzeitig hat die Federal Reserve (Fed) signalisiert, dass ihr Fokus zunehmend von der Bekämpfung der Inflation auf eine ausgeglichenere Sicht wechselt, wobei insbesondere das Ziel der Vollbeschäftigung ins Zentrum rückt.
Nach einer Zinsreduktion der Fed um 50 Basispunkte sanken die Sicherungskosten im EUR/USD-Wechselkurs deutlich. Für eine 3-monatige Laufzeit fielen die Sicherungskosten auf 1,5 % p.a., während sie für den 12-monatigen Tenor sogar auf 1,2 % p.a. sanken.
Aktuell divergiert der USD-REER-Index (Real Effective Exchange Rate) von den Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen (vgl. Abbildung 5). Der Median-Ausblick der Fed, basierend auf der Summary of Economic Projections (SOEP), deutet darauf hin, dass die US-Leitzinsen im kommenden Jahr um einen weiteren Prozentpunkt auf 3,5 % gesenkt werden könnten. Diese Aussicht hat bereits zu einem Rückgang der Renditen um mehr als 50 Basispunkte am langen Ende der Zinskurve geführt. Sollte es zu einer weiteren Konvergenz zwischen dem REER und den US-Staatsanleiherenditen kommen, könnte dies eine weitere Abwertung des USD implizieren, was maßgeblich von der zukünftigen Geldpolitik der Fed abhängt.
Seitdem gab es weitere geldpolitische Anpassungen sowohl in den USA als auch in der Eurozone. Die Fed hat in den letzten Monaten betont, dass sie ein Gleichgewicht zwischen Inflation und Beschäftigung anstrebt. Sie agiert vorsichtig, da die Inflationsraten zwar gesunken sind, aber immer noch über dem Zielwert von 2 % liegen. Dennoch könnten die sich abschwächenden Konjunkturdaten eine weitere Zinsreduktion im Laufe des Jahres 2024 erforderlich machen.
In Europa kämpft die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin mit einem schleppenden Wachstum und einer geringen Inflation. Während die Inflation in der Eurozone auf einem stabilen Niveau liegt, bleibt die wirtschaftliche Erholung schwach, was die EZB veranlasst hat, ebenfalls graduelle Zinssenkungen in Betracht zu ziehen. Jüngste Hinweise deuten darauf hin, dass die EZB bereit sein könnte, die Zinsen weiter zu senken, falls sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessert.
Abbildung 5: Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen (TY) vs. USD Real Effective Exchange Rate (REER)
(Quelle: Bloomberg)
Die EZB verfolgt weiterhin einen graduellen geldpolitischen Ansatz und senkte kürzlich erneut den Einlagenzins um 25 Basispunkte auf nunmehr 3,5 %. Im Gegensatz zur Fed gibt die EZB keine expliziten Prognosen für die Zinsentwicklung ab, jedoch lässt sich vermuten, dass weitere Zinssenkungen folgen könnten. Gründe dafür sind die anhaltend niedrige Inflation und die weiterhin schwache konjunkturelle Situation in der Eurozone.
Der kraftvolle Einstig der Fed in den Zinssenkungszyklus verschiebt allerdings im kurzfristigen Zinsausblick die Perspektive des Euro ins Positive.
Insgesamt bleibt der geldpolitische Ausblick von der Entwicklung der jeweiligen Konjunktur abhängig, wobei beide Zentralbanken angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen weiter lockern werden.
2.2 Konjunktur
In den USA bleibt das Wirtschaftswachstum weiterhin robust. Trotz zwischenzeitlicher Unruhen durch schwächere Non-Farm Payrolls (Beschäftigungszahlen außerhalb der Landwirtschaft) und einer höheren Arbeitslosenquote, hat sich dies noch nicht negativ auf die Gesamtwirtschaft ausgewirkt. Im zweiten Quartal 2023 wuchs das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 3 %, womit die US-Wirtschaft die Erwartungen der Märkte übertraf und sich deutlich besser entwickelte als die stagnierende Eurozone.
Der „Nowcast“ der Fed-Atlanta prognostiziert für das laufende Quartal erneut ein solides Wachstum von rund 3 %, was auf ein anhaltend starkes Wirtschaftswachstum hindeutet. Darüber hinaus bleibt die Federal Reserve in ihrem Summary of Economic Projections s.o. für das Jahr 2024 optimistisch und rechnet weiterhin mit einem realen Wachstum von 2 %, was der Prognose aus dem Juni 2023 entspricht.
Auch der Gesamt-Einkaufsmanagerindex (PMI) in den USA befindet sich deutlich oberhalb der Expansionsschwelle von 50. Mit einem Wert von 54,6 spiegelt er eine fortgesetzte Expansion wider, die vor allem vom starken Dienstleistungssektor getrieben wird. Gleichzeitig wuchs die Industrieproduktion im Monatsvergleich um 0,8 %, was deutlich über den erwarteten 0,2% lag und auf eine starke industrielle Aktivität hinweist.
Trotz der anhaltenden Stärke der US-Wirtschaft gibt es jedoch erste Anzeichen für eine mögliche Verlangsamung. Die Fed verfolgt eine vorsichtige geldpolitische Haltung, da die Inflationsraten zwar gesunken sind, aber weiterhin über dem Zielwert von 2 % liegen. Falls sich die Konjunktur abschwächen sollte, könnte die Fed in Betracht ziehen, die Zinsen weiter zu senken. Allerdings wird dieser Schritt stark von der Entwicklung des Arbeitsmarkts und der Inflation abhängen.
Auf der anderen Seite zeigt die Eurozone weiterhin eine schwächere konjunkturelle Entwicklung. Aufgrund der stagnierenden wirtschaftlichen Aktivität und der weiterhin niedrigen Inflation sieht die Europäische Zentralbank sich möglicherweise gezwungen, die Zinsen weiter zu senken, um die Konjunktur zu stützen.
2.3 Preisentwicklungen
Die Inflation entwickelt sich in beiden Wirtschaftsräumen entsprechend der Projektion und liegt inzwischen nahe den jeweiligen Zielwerten der Zentralbanken. Die Inflationsrate in den USA sank auf 2,5% (vorher 2,9%) und befindet sich in der Eurozone mit 2,2% (vorher 2,6%) faktisch auf dem Zielwert. Einen gewichtigen Einfluss hierauf hatte in beiden Volkswirtschaften ein Rückgang der Energiepreise, was sich in einer weiterhin erhöhten Kernrate zeigt. Diese liegt in den USA bei 3,2% und in der Eurozone bei 2,8%.
Der von der Fed präferierte Kern-PCE Index reflektiert/signalisiert eine etwas reduzierte Preissteigerung von 2,6%. In der Projektion bleibt die Fed optimistisch. Sie geht von 2,3% zum Jahresende, 2,1% für 2025 und einem Zielwert von 2% für 2026 aus.
2.4 Gesamteinschätzung EUR/USD
Die Fed geht offensiv in den Zinssenkungszyklus und fokussiert sich mehr auf die konjunkturelle Seite ihres Mandats. Aus dieser konjunkturellen Perspektive steht die USA im Vergleich zur Eurozone deutlich robuster da.. Konjunkturell und strukturell spricht einiges für einen langfristig starken USD zum Euro, monetär könnte die zügig agierende Fed einen kurzfristig stärkeren Euro bedeuten.
3. Großbritannien
3.1 Geldpolitik & Wechselkursentwicklung
Abbildung 6: EUR/GBP Wechselkurs und Sicherungskosten
(Quelle: Bloomberg)
Im Laufe des letzten Quartals wertete das britische Pfund deutlich gegenüber dem Euro auf. Nachdem die Bank of England (BoE) erstmals die Zinsen in einer sehr knappen Abstimmung (5 versus 4) um 25 Basispunkte reduzierte, verzichtete sie mit einer breiten Mehrheit (8 versus 1) in der jüngsten Entscheidung auf einen weiteren Schritt. Damit liegt unter den G10-Staaten nur noch der Leitzins der Reserve Bank of New Zealand mit 5,25% über jenem der BoE, der nun bei 5% festgelegt ist. In der Konsequenz liegen die 12 Monats-Sicherungskosten nun deutlich über dem 3-Monats Tenor bei annualisiert rd. 1,6%. Dies verdeutlicht die Spekulation der Märkte, welche auf eine schnell agierende EZB in Relation zur BoE setzen.
3.2 Konjunktur
Aus der konjunkturellen Perspektive geht die dynamische Erholung der UK-Ökonomie weiter voran. Die Einkaufsmanagerindizes liegen sowohl im Dienstleistungssektor (53,7) als auch im verarbeitenden Gewerbe (52,5) weiterhin über der Expansionsschwelle. Wenn man sich die Entwicklung im direkten Vergleich zur Eurozone zum Vorjahr vergegenwärtigt, sieht man eine deutlich positivere Entwicklung in UK (vgl. Abbildung 7.).
Abbildung 7: Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Gewerbe UK vs. Eurozone.
(Quelle: Bloomberg)
Die positive konjunkturelle Entwicklung ermöglicht der BoE die Zinssätze restriktiv zu belassen, um eine höhere Konfidenz in der Inflationsbekämpfung zu signalisieren. Auf der anderen Seite stehen erneut enttäuschende Zahlen des Ifo-Instituts. Der Index, der sich auf das verarbeitende Gewerbe bezieht, liegt auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2020. Deutschlands Rezession im verarbeitenden Gewerbe zieht die gesamte Konjunktur der Eurozone nach unten. Durch diesen Kontrast in den Konjunkturdaten ergibt sich eine strukturelle Stärke des britischen Pfunds im Vergleich zum Euro.
Auch der Arbeitsmarkt entwickelt sich in UK erfreulich. Das Lohnwachstum reduziert sich auf ein nachhaltigeres Niveau von 4%, was einem Rückgang von 0,6%-Punkten entspricht. Gleichzeitig sinkt die Arbeitslosigkeit auf 4,1% und die Partizipationsquote erhöht sich auf 78,1%. Dies sollte den Preisdruck in UK auf der Dienstleistungsseite weiter reduzieren und eine höhere Dynamik am Arbeitsmarkt generieren. Dies wiederrum könnte eine gestärkte Binnennachfrage erzeugen, was sich in einem Anstieg in den Einzelhandelsumsätzen spiegeln dürfte. Diese erhöhten sich bereits im Vormonatsvergleich um 1%, was die Markterwartungen deutlich übertraf.
3.3 Preisentwicklungen
Die Inflation in UK erhöhte sich zuletzt wieder. Die Konsumentenpreisen stiegen zwar nur um 20 Basispunkte, allerdings fand dies trotz sinkender Energie- und Nahrungsmittelinflation statt. In der Kerninflationsrate sieht man, dass der Preisdruck wieder zunimmt. Diese stieg im August zum ersten Mal seit Mai 2023 von 3,3% auf 3,6% an (vgl. Abbildung 8). Dies ist insbesondere auf den Dienstleistungssektor zurückzuführen. Hier beschleunigte sich die Preissteigerung von 5,2% auf 5,6%. Im direkten Vergleich befindet sich die Kernrate in der Eurozone weiterhin im Rückgang, wenngleich auch dort noch ein Prozentpunkt zur Zielerreichung fehlt. Durch die konjunkturelle Divergenz ist allerdings auch weiterhin mit einer Divergenz in den Preisen zu rechnen, was über eine striktere Geldpolitik Pfund-stärkend wirkt.
Abbildung 8: Kerninflationsraten (in %) UK vs. Eurozone.
(Quelle: Bloomberg)
3.3 Gesamteinschätzung EUR/GBP
Die BoE ist durch erhöhte Preise zu einer Pause in der Geldpolitik gezwungen, die Konjunktur erholt sich in UK weiterhin, wodurch sich ein positiver Blick auf das britische Pfund ergibt.
4. Japan
4.1 Geldpolitik & Wechselkursentwicklung
Abbildung 9: EUR/JPY Wechselkurs und Sicherungskosten
(Quelle: Bloomberg)
Im vergangenen Quartal wertete der japanische Yen stark gegenüber dem Euro, aber auch einer Reihe anderer Währungen, auf. Hierfür waren die vorsichtige Straffung der Bank of Japan (BoJ) auf der einen und US-spezifische Schocks auf der anderen Seite die Ursache. So beschloss die BoJ im Juli die Zinsen, entgegen der Markterwartungen, um 15 Basispunkte auf 0,25% anzuheben. Gleichzeitig veröffentliche das U.S. Bureau of Labor Statistics enttäuschende NFP-Zahlen und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf einen Höchstwert von 4,3%, was einem Anstieg um einen Prozentpunkt vom Tiefstwert entspricht. Nach der Sahm-Regel steht genau dann eine Rezession bevor, wenn der Arbeitslosigkeitsdurchschnitt der letzten 3-Monate 0,5% über dem 12-Monats Tief liegt. Dies wurde zum Anlass genommen, um auf eine rapide Zinssenkungsstrategie der Fed zu setzen. Die Zinsdifferenz zwischen dem USD und dem JPY engte sich ein und löste in einer Kettenreaktion die Auflösung vieler Carry Trades aus, was den Yen stark aufwerten ließ. Entgegen vielfach verbreiteter Aussagen, wie viel Prozent dieser Trades in diesem Zusammenhang aufgelöst wurden, kann diese Zahl nicht seriös geschätzt werden. Da ein Großteil der Geschäfte Swap-basierte Transaktionen sind und diese nicht präzise bilanziert werden müssen, ist es schlicht unmöglich den 14,2 Billionen großen USD Markt in Yen Swaps zu verfolgen.
Die BoJ betonte aufgrund der Turbulenzen in der heimischen Währung und am Aktienmarkt, dass sie von Zinserhöhungen in naher Zukunft absehen wird. Dies spiegelt sich in der Entscheidung der letzten Zinssitzung wider, die Zinsen bei 0,25% konstant zu belassen. Dennoch reduziert sich derzeit der Sicherungsertrag auf eine JPY-Sicherung über die eingepreisten Zinssenkungen im Euroraum weiter und liegt bei 3,4% p.a. auf dem 3-Monats Tenor und 2,5% auf dem 12-Monats Tenor. Dies ist der niedrigste Wert seit Oktober 2022, als die Zinsen im Euroraum bei 2% lagen und verdeutlicht die starken Zinssenkungen, die hier für die nächsten Monate bereits eingepreist sind. Die Zinsreduktionen in den USA dürften den Aufwertungsdruck auf den Yen weiter verstärken und jede Form negativer konjunktureller Daten in den USA könnte weitere Impulse in die gleiche Richtung senden.
4.2 Konjunktur
Die japanische Konjunktur entwickelt sich im Vergleich zur Eurozone moderat positiv. Die privaten Investitionen stiegen im Vorjahresvergleich um mehr als 7 %, während die Unternehmensgewinne um rund 8 % zulegten. Das Lohnwachstum, das für japanische Verhältnisse mit 3,6 % relativ hoch ist, stärkt den Binnenkonsum. Dies spiegelt sich im Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen wider, der bei 53,9 liegt und ein solides Wachstum signalisiert.
Zusätzlich hat die japanische Regierung umfassende Reformen umgesetzt, um die Investitionsbedingungen zu verbessern. Dazu zählen die Senkung der Unternehmenssteuer von 30 % auf etwa 23 %, die Deregulierung von Märkten, insbesondere in den Bereichen Energie und Telekommunikation, sowie die Förderung von Technologien wie KI und Robotik. Zudem wurden bürokratische Hürden für ausländische Investoren abgebaut, was den Marktzugang erleichtert. Diese Reformen schaffen ein günstiges Umfeld für Unternehmen und Investoren, wodurch Japan als Standort an Attraktivität gewinnt.
Diese positiven wirtschaftlichen Entwicklungen, kombiniert mit dem nachlassenden Druck auf den Wechselkurs, dürften die Bank of Japan (BoJ) in ihrem aktuellen geldpolitischen Kurs bestätigen und längerfristig einen positiven Einfluss auf den Yen haben.
4.3 Preisentwicklungen
Die wiederkehrende Inflation in Japan, insbesondere die moderate Rate von 3 %, hat positive Auswirkungen auf die Lohn- und Konjunkturentwicklung. Das Lohnwachstum von 3,6 % im Jahr 2024, das höchste seit Jahren, stärkt den Binnenkonsum und treibt das Wirtschaftswachstum an. Dieser Anstieg der Kaufkraft unterstützt Unternehmen und sorgt für eine stabile Nachfrage im Inland. Besonders die Inflation bei Lebensmitteln (3,6 %) und Gütern (4,5 %) zeigt, dass Konsumenten und Unternehmen in Japan Preisanpassungen akzeptieren, was ebenfalls die Unternehmensgewinne stabilisiert und Raum für Investitionen schafft.
Diese Entwicklung trägt zu einer insgesamt robusteren Konjunktur bei, da die Preissteigerungen in Einklang mit der Lohnentwicklung stehen. Die Tatsache, dass Japan nach Jahren der Deflation eine gesunde Inflation verzeichnet zeigt, dass die Wirtschaft dynamischer wird. In Kombination mit verbesserten Investitionsbedingungen und einer steigenden Nachfrage wirkt sich dies langfristig auch positiv auf den Yen aus. Ein stabiler Konsum, Preisanpassungen in verschiedenen Sektoren und ein starker Arbeitsmarkt könnten den Yen stärken, insbesondere wenn die Bank of Japan aufgrund dieser Entwicklungen langfristig eine restriktivere Geldpolitik in Erwägung zieht.
4.4 Gesamteinschätzung EUR/JPY
Der Yen könnte weiter aufwerten, da die solide Konjunktur in Japan, kombiniert mit moderatem Lohnwachstum und stabiler Inflation, die Wirtschaft stützt und langfristig den Druck auf die BoJ erhöht, ihre Geldpolitik straffer zu gestalten. Zudem reduziert sich die Zinsdifferenz zu anderen Währungen, insbesondere zum US-Dollar und Euro, was die Nachfrage nach dem Yen weiter verstärken könnte.
5. Datenübersicht
Abbildung 10: Übersicht der Wertentwicklung gegenüber dem Euro zu verschiedenen Stichtagen
(Quelle: Bloomberg)
Abbildung 11: Übersicht der Sicherungskostenentwicklung gegenüber dem Euro zu verschiedenen Stichtagen
(Quelle: Bloomberg)
Disclaimer
Die dargestellten Inhalte werden allein zu Informations- und Marketingzwecken zugänglich gemacht und richten sich ausschließlich an professionelle Kunden und nicht an Privatanleger nach dem Maßstab des WpHG.
Die zugänglich gemachten Informationen wurden mit größtmöglicher Sorgfalt auf Grundlage der uns verfügbaren Daten erstellt. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Einschätzungen und Bewertungen geben die Meinung des jeweiligen Verfassers zum Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung wieder. Wir prüfen und aktualisieren die Informationen auf unseren Webseiten ständig. Trotz aller Sorgfalt können sich Daten zwischenzeitlich geändert haben. 7orca Asset Management AG übernimmt daher keine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit oder Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Daten und Informationen. (30.09.2024)
[1] Der 7orca FX-Volatility Index approximiert den fairen Wert eines Variance Swaps, durch die Replikation eines Vanilla Optionsportfolios am G10-Währungsmarkt. Aus den resultierenden Indizes wird der Durchschnitt gebildet. Ein höherer Wert ist mit höheren Schwankungen am Devisenmarkt zu interpretieren.